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Zu Gast bei Gast im Haus des Gastes

Erfolgreiche Soirée zu Ehren der Gebrüder Köselitz im „Erzhammer” Annaberg

Eine denk-würdige, musikalisch-literarische Veranstaltung fand am vergangenen Samstag im Haus des Gastes „Erzhammer” in Annaberg-Buchholz statt. Die Direktorin des Hauses, Frau Dr. Gabriele Lorenz, begrüßte herzlich, auch im Namen der Oberbürgermeisterin Frau Barbara Klepsch, Gäste und Protagonisten im bis auf den letzten Platz gefüllten Musikzimmer des Kulturzentrums zur musikalisch-literarischen Soirée „Zu Gast bei Peter Gast”.

(v.l.n.r.) Bernd Wittmann (Köselitz-Nachfahre) und Dr. Gabriele Lorenz (Leiterin Erzhammer) bedanken sich bei den Mitwirkenden der Soirée: László Varga, Dieter Klug, Prof. Gotthard B. Schicker

Inhaltliches Anliegen des Abends war es, die reichen und vielseitigen Lebensleistungen des Annaberger Bürgers Heinrich Köselitz, alias Peter Gast, zu würdigen. Dessen Maler-Bruder, Rudolf Köselitz, dem im Oktober vergangenen Jahres anlässlich seines 150. Geburtstages der erste Vortrag von Prof. Gotthard B. Schicker zu Persönlichkeiten der Stadt Annaberg galt, war in Lebensbezügen und mit Original Gemälden aus dem Annaberger Erzgbeirgsmuseum an diesem Abend auch mit vertreten. Frau Dr. Lorenz und Prof. Schicker war es eine Freude, zu dieser Veranstaltung am Samstag mehrere Nachfahren der Familie Köselitz begrüßen zu können. Am Nachmittag konnten Schicker und seine Frau Eveline den Nachfahren bei einer Stadtführung zu den Lebens- und Arbeitsorten der namhaften Familie bereits viele bisher unbekannte Details vermitteln.

Köselitz-Nachfahren vor dem Haus ihrer Vorfahren auf dem Annaberger Köselitz-Platz

Am Abend stand dann das reichhaltige und relativ unbekannte Werk von Heinrich Köselitz (Peter Gast) im Mittelpunkt: Prof. Schicker referierte kenntnisreich auf der Grundlage seiner jahrelangen Forschungen im ersten Teil über Herkunft, Familie und Rudolf Köselitz sowie über die enge und einmalige Beziehung Peter Gasts zu Friedrich Nietzsche, dessen Freund, Berater und Intimus, der  er über Jahrzehnte - und über dessen Tod hinaus als Sachwalter - gewesen war.

Dieses Wirken hat einen solchen außergewöhnlichen Detailreichtum, der wieder mehr ins Bewusstsein seiner Heimatstadt gelangen sollte. Im zweiten Teil stand das wohl noch unbekanntere, noch zu entdeckende musikalische Werk von Peter Gast im Mittelpunkt, voran seine Oper „Der Löwe von Venedig”. Das kompositorische Schaffen war ebenfalls von Nietzsche angeregt und beeinflusst worden. Gast war dessen „neuer Mozart”. Für den musikalischen Teil konnten der Pianist und 1. Kapellmeister der Erzgebirgs-Philharmonie Aue, Dieter Klug, und der Bassist des Eduard-von-Winterstein-Theaters Annaberg-Buchholz, László Varga, gewonnen werde.

Dieter Klug eröffnete zu Beginn der Veranstaltung am Flügel mit der Ouvertüre zu „Der Löwe von Venedig” und konnte mit seiner kraftvollen Interpretation und seiner brillanten Spielweise sowohl die Dramatik als auch die charmante Leichtigkeit dieser Komposition hervorheben. Danach begleitete er einfühlsam die von László Varga gesungenen Lieder „Glückliches Geheimnis” (Text: Johann Wolfgang von Goethe),  die beiden Weinlieder „Lacrymae Christ” und die „Zecher-Bibliothek” (Texte: Rudolf Baumbach) sowie die „Heimkehr” (Text: Kurt von Zelau). László Varga sang ausdrucksstark, mit romantischer Dynamik und hörbarer Freude am Material sowie exzellenter Artikulation. Der 1. Kapellmeister, Dieter Klug, lies es sich nicht nehmen, seine künstlerischen Standpunkt zu dieser wunderbaren, aufführbaren Musik der Spätromantik, insbesondere das Liedschaffen, darzulegen.

Die Veranstaltung widmete sich im Weiteren dem Erzgebirger Heinrich Köselitz, wie sich Peter Gast dann ab 1908 in Annaberg wieder nannte, dem Briefwechsel, dem Nachlassgeschehen um Nietzsche, den Heimat- und Mundartdichtungen sowie dessen Bewahrung durch Köselitz. Eine kleine, aussagekräftige Ausstellung mit Rudolf-Köselitz-Originalen aus dem Erzgebirgsmuseum sowie Originaldrucken, Exponaten von Archivmaterial der kreativen Brüder wurde in der Pause und nach der Veranstaltung interessiert zur Kenntnis genommen und regte zu weiterführenden Gesprächen an.

Prof. Schicker schloss seine Ausführungen mit einem Ausblick, wie in der Zukunft in der Heimat der Familie Köselitz, insbesondere in Annaberg-Buchholz, mit diesem Erbe umgegangen werden sollte. In der Fülle seiner Anregungen stand der Vorschlag im Mittelpunkt, eine Köselitz-Gesellschaft (siehe dazu Beitrittsformular) zu gründen, was seitens des Publikums mit großer Zustimmung aufgenommen wurde.

Deren Aufgabe sollte es sein, u.a. mit weiteren Forschungen, Publikationen, Ausstellungen, Soiréen, Vorträgen das reiche Werk an die nächste Generation zu übergeben und der Vergessenheit zu entreißen. Aber auch die Einrichtung einer Städtischen Kunstgalerie mit dem Namen „Rudolf-Köselitz-Galerie“ ist bereits als ein konzeptioneller Vorschlag an den Rat der Stadt in Arbeit. Der anwesende Intendant des Annaberger Winterstein-Theaters, Dr. Ingolf Huhn, war offensichtlich von den Darbietungen des Abends derart beeindruckt, so dass er im anschließenden Gespräch eine Prüfung der Inszenierung von Peter Gasts Oper „Der Löwe von Venedig“ am hiesigen Theater für 2013 zusagte.

Am 21. Juli 2012 wird bereits im kleinen Saal des „Erzhammers” eine repräsentative Ausstellung zum Maler Rudolf Köselitz gezeigt werden können, zu der schon viele Zusagen von Bürgern existieren, die ihre Bilder zur Verfügung stellen wollen. Die anwesende Familie Köselitz, Nachfahren der Geschwister von Rudolf und Heinrich, dankten für die gelungene Veranstaltung mit großem Neuheitswert. Und die älteste der vier Schwestern wird zur Ausstellung im Juli ebenfalls die Originale aus ihrem Privatbesitz als Leihgabe nach Annaberg geben.

Prof. Gotthard B. Schicker übergab auf einem Datenträger der Familie die Registraturlisten des als verschollen geglaubten Peter-Gast-Archivs, das sich jetzt mit im Weimarer Nietzsche-Archiv befindet. Dieter Klug ließ am Schluss das furiose Intermezzo aus dem 3. Akt der Oper von Peter Gast erklingen, und Dr. Gabriele Lorenz dankte für den niveauvollen Abend, der mit starken Applaus vom Publikum honoriert wurde und den Aufbruch zu vielen weiteren kulturellen Höhepunkten dieser Art sein wird.

Aufruf zur Gründung einer Köselitz-Gesellschaft

Vergessener Romantiker: Zum 150. Geburtstag des Annaberger Malers
und Grafikers Rudolf Köselitz

red.

 

 

 

 

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