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Image siegt gegen Bürokratie
(29.06.2012) Der Ratssaal platzte zur 36. Sitzung des Annaberg-Buchholzer Stadtrates am Donnerstagabend fast aus den Nähten. Stühle mussten herbei geschafft werden und der Raum zwischen Stadtvätern und -müttern sowie dem keineswegs anonym auftretenden Bürgertum der Stadt war lange nicht mehr so eng wie am 28. Juni 2012 – schließlich standen die Situation der Händler und auch das Image der Stadt zur Diskussion. An die 100 Besucher hatten sich zur Bürgerfragestunde versammelt, zu der zahlreich jene Händler kamen, die allesamt von den Absperrungen wegen der Baumaßnahmen an der Tiefgarage betroffen sind. Unter Applaus und Zustimmung brachten viele von ihnen ihren Unmut über die Sperrung der Marktumfahrung sowie der mangelhaften Ausschilderung der Verkehrsführung sachlich aber bestimmt – und mit Namensnennung (!) - zum Ausdruck. Sowohl der Apotheker, die Drogistin, der Blumenverkäufer, die Café- und Gaststättenbetreiber und selbst die Geschäftsinhaber der Wolkensteiner Straße wiesen auf ihre teilweise beträchtlichen Umsatzverluste von 20 – 90% hin. Sie machten auch darauf aufmerksam, dass durch diese Einbußen in ihren Geschäften, auch der Stadt langfristig Steuereinnahmen in Größenordnungen verlustig gehen werden.
Aber den Händlern ging es nicht allein um das Geld. Viele machten sich große Sorgen um den Imageverlust der Stadt Annaberg-Buchholz insgesamt angesichts dieser offenbar nicht durchdachten Situation. Schließlich seien die Händler nicht nur der größte Arbeitgeber der Stadt, sondern prägten auch wesentlich ihr Bild gegenüber den Gästen und trügen zur Urbanität bei, wie der Vertreter vom Werbering betonte. Von Kundenfreundlichkeit könne unter diesen Bedingungen nicht die Rede sein. Neben der Öffnung der Marktumfahrung wurde noch gefordert, dass der Marktspiegel für die Zeit der Baumaßnahmen an der Tiefgarage, aber insbesondere während ihrer Totalsperrung bis etwa November 2012, als zeitbegrenzter Parkplatz genutzt werden kann. Bei letzterem Ansinnen rannten die Gäste bei den Volksvertretern und der geschickt moderierenden Oberbürgermeisterin Barbara Klepsch offensichtlich offene Türen ein. Im weiten Rund sah man zustimmendes Kopfnicken.
Anders verhält es sich mit der Auflösung der Marktumfahrung: Der anwesende Polizist (Name wurde unverständlich gemurmelt) wurde aufgefordert, seine Bedenken gegen die hier vorgebrachten Argumente der Händler und für eine anhaltende Sperrung des Marktes zu erläutern. Zunächst wunderte er sich über die „Kompaktheit der Auffassungen“, wie er sich ausdrückte, die er so noch nie zur Kenntnis bekommen habe. Seine Gegenargumente hatten dann in erster Linie die Gefahren für die Kinder (Bushaltestelle, fließender Verkehr, keine Bordsteinkante) sowie die undisziplinierten Kraftfahrer (Raser) im Blick. Jetzt sei das dort eine Zone, die den Charakter einer Spielstraße trüge. Bei vielen der Anwesenden ernteten seine sicherlich zu bedenkenden, aber schwer in der täglichen Praxis nachzuvollziehenden, doch eher bürokratischen Argumente sichtbares Köpfeschütteln, was sich offensichtlich dann auch auf das Abstimmungsergebnis des Stadtrates auswirkte: Dem Antrag, die Marktumfahrung möglich zu machen und bis Ende der Bauzeit der Tiefgarage den Marktspiegel in den entsprechenden vorgeschlagenen Varianten als Parkplatz auszuweisen, stimmten 27 (also die absolute Mehrheit) zu. Nur eine – keiner weiß so recht warum – enthielten sich der Stimme, und niemand stimmte dagegen!
Nun steht also das von den Stadträten mehrheitlich unterstützte Bürgerinteresse gegen anscheinend zementierte bürokratische Sachzwänge, die seitens der Ordnungsmacht nicht gänzlich ignoriert werden können. Wie viel Spielraum noch auf Seiten der Freunde und Helfer erschlossen werden kann, sollten die nächsten Tage zeigen. Schließlich steht hier auch das Image einer Stadt gegen die Bürokratie um eine Stadt auf dem Plan.
Noch etwas Optimismus konnte dann der Chef der Stadtwerke und Hauptverantwortlicher für den Tiefgaragenbau, Herr Tottewitz, kurz vor Anpfiff des verlorenen Fußballspiels in den Saal bringen: Er wies die Kritik an einem zu langsamen Fortgang der Arbeiten an der Tiefgarage zurück und erläuterte, dass man mit den geplanten Vorhaben dort sehr gut voran komme, allerdings bestimmte Arbeiten auch wetterabhängig seien. Er stellte in Aussicht, dass noch vor dem November 2012 die Straßendurchfahrt an der Rathausseite mit Einschränkungen dann wieder möglich sei und er alles dafür unternehme, um den Termin der Fertigstellung zu halten, ihn möglichst noch zu unterbieten.
Alles in allem eine lebhafte, offene und sachliche Ratssitzung mit viel Argumentenaustausch und einem möglichen Erfolg in der Händlerangelegenheit und damit auch weniger Imageschaden für unsere Stadt – hoffentlich!
red.
Am 29.06.2012 ging dazu um 12.45 Uhr folgende Pressemitteilung ein (Auszug):
Marktumfahrung in Annaberg-Buchholz wird am 2. Juli 2012 freigegeben Parken auf dem Annaberger Markt ab 17. Juli 2012
Ab Montag, dem 2. Juli 2012 wird die bisher gesperrte Durchfahrt an der Markt-Westseite auch für den Individualverkehr freigegeben. Ausgewiesen wird eine Einbahnstraße von der Klosterstraße in Richtung Wolkensteiner Straße. Zu beachten ist, dass die Marktumfahrung einen verkehrsberuhigten Bereich darstellt. Fußgänger dürfen die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen, selbst Kinderspiele sind erlaubt. Fahrzeugführer müssen in Schrittgeschwindigkeit und mit der notwendigen Vorsicht den Bereich passieren. Ebenso beschloss der Stadtrat eine vorübergehende Beparkung des Marktes. Sie beginnt im Anschluss an den Sommermarkt und das Sommerfest PIAZZA. Ab Dienstag, dem 17. Juli 2012 werden parallel zum grünen Markt am Rand des Marktspiegels ca. 30 PKW-Stellflächen ausgewiesen. Diese Parkplatz-Variante gilt im Juli und August jeweils an den Markttagen. Nach der Freigabe der Tiefgarage wird diese Parkplatzvariante bis zum Ende der Baumaßnahme, voraussichtlich bis Anfang November 2012 aufrecht erhalten. Im Zusammenhang mit der Sanierung der Einfahrt und der etwa sechswöchigen Sperrung der Tiefgarage wird außerhalb der Markttage vom 23. Juli bis voraussichtlich Ende August 2012 der gesamte Markt zum Parken freigegeben. Etwa 70 Parkplätze stehen dabei zur Verfügung. Parken ist bis zu einer maximalen Dauer von drei Stunden möglich.
Matthias Förster Pressestelle
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