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Premiere auf katholisch

Die Annaberger katholische Heilig-Kreuz-Kirche überraschte mit einem nachhaltigen und künstlerisch anspruchsvollem Weihnachtskonzert, das eine Tradition begründen könnte.

Das hat die katholische Heilig-Kreuz-Kirche in Annaberg in ihrer fast 170-jährigen Geschichte
(geweiht am 20.10.1844) vermutlich so noch nie erlebt, es muss sich um eine Premiere gehandelt haben:
Ein festliches Weihnachtskonzert mit Instrumental- und Gesangssolisten, Chorgesang, Blumen und starken herzlichen Applaus für ausgezeichnete künstlerische Leistungen aus einem überfüllten Kirchenschiff – fast wie in Italien.
Pfarrer Andreas Schumann konnte am vergangenen Samstag nicht nur die Protagonisten des Konzertes begrüßen, sondern auch eine große Zahl aktiver und ehemaliger Gemeindemitglieder. Unter den Besuchern wurden auch etliche Persönlichkeiten gesichtet, die sonst in der ehemals katholischen St. Annen-Kirche die Pauken schlagen und die Posaunen und Trompeten zum Gotteslob jubeln lassen, wie erst kürzlich beim dortigen Weihnachtskonzert oder beim überragend interpretierten Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach unter der Leitung von KMD Matthias Süß zu erleben war.
Kathol. Kirche 5 (Andere)

Aber das Konzert in der Hl.-Kreuz-Kirche muss sich hinter den Protestanten keineswegs verstecken.
Mit den eingeschränkten Möglichkeiten und einer fehlenden Tradition auf diesem Gebiet – zumindest in Annaberg - , kann man den Mitwirkenden nur ein großes Lob spenden. Allen voran Benno Tietz, der als Inspirator, Initiator und Dirigent die Hauptarbeit auf sich genommen hat, um eine solche, sehr angenehme Veranstaltung am Altar und auf der Empore dieser kleinen Kirche „vor der Stadt“ zu gestalten. Die wenigen Männer des Chores waren zeitweilig stimmgewaltiger und wohltönender zu vernehmen als das mitunter bei anderen Chören der Stadt – insbesondere bei den Tenören – der Fall ist. Ob in der „Weissagung“, in Händels „Tochter Zion“, in den beiden Crüger-Chorälen, aber besonders im „Transeamus“ waren sie für eine künstlerische Überraschung gut. Zumal dann, wenn man aus eigenen, entfernten Erfahrungen die Entwicklung dieses Chores - sein frohes Auf, aber auch sein ziemlich beständiges Ab - verfolgen und nun derart positiv erleben konnte.
Mit László Varga vom Annaberger Theater hatte man einen angenehmen Bass zur Seite, den auch die teilweise gewöhnungsbedürftigen Trompetenklänge von Nathanael Kaiser bei der Bach-Arie „Großer Herr und starker König“ nicht aus dem Rhythmus brachten. Sehr schön gesungen – gemeinsam mit dem Chor – das ergreifende „Transeamus“, das von der versierten Flötistin Bettina Grieger begleitet wurde. Auch in den „Königen“ von Peter Cornelius oder in der „Weissagung“ nach Jessaja 9,1-6 konnte Varga mit einer gültigen Interpretation überzeugen.
Kath. Kirche  2 (Andere)

Überzeugend kamen auch die Werke zur Geltung, die der Solo-Cellist der Erzgebirgischen Philharmonie Aue, Matthias Bantay, mit wunderschönem Ton und sehr einfühlsam begleitete bzw. solistisch bot (u.a. Bach-Sonate BWV 1028 und Tonstück von Th. Kirchner). Nicht nur begleiten musste Toralt Vogel von der Annaberger Musikschule die Solisten und Chor auf Orgel und Cembalo, was er professionell tat, er überraschte auch als Solo-Organist mit einem ausgezeichnet interpretiertem Bach-Werk (Präludium und Fuge C-Dur BWV 545) auf der kleinen, aber leistungsstarken Jehmlich-Orgel (geweiht 1992) aus Dresden.
Alles in allem war es nicht nur ein festliches Konzert mit schönen Stimmen und anrührenden Melodien, sondern auch eine niveauvolle Veranstaltung, die nach Wiederholung ruft! Der Kirchenraum vom Hl. Kreuz in Annaberg eignet sich, auch in akustischer Hinsicht, sehr gut für derartige Gotteslobe, denen die evangelische Kirche offensichtlich bereitwilliger ihre Pforten öffnet, wie man es z.B. in diesem Jahr zum 100jährigen Jubiläum der dortigen Kantorei erleben konnte.
An personellen Problemen dürfte es nicht nun nicht mehr so sehr scheitern, und an finanziellen erst recht nicht, zumal bekanntlich die katholische Kirche nicht zu den Ärmsten unter der Sonne zählt. Dass die finanziellen Mittel auch hier, wie anderwärts ebenfalls, nur ungeschickt oder ungerecht verteilt zu sein scheinen, haben jüngste Ereignisse in den alten Bundesländern und dortigen Bischofssitzen publik gemacht.
Für dieses Weihnachtskonzert am vergangenen Samstag haben die Mitwirkenden auf ihre Gage verzichtet, manche von ihnen nicht zum ersten Mal. Bei zukünftigen derartigen Veranstaltungen, die auch zur Imagepflege und zur Mission der katholischen Kirche – insbesondere auch in der Diaspora - gehören sollten, wird es ohne Zuschüsse aus dem Bistum, oder vielleicht sogar vom Vatikan, nicht immer funktionieren.
Diesmal sind die spendenwilligen Besucher dem wichtigen Aufruf von Bettina Grieger gefolgt und haben etliche Euros – meist in Scheinen - für „Perspektiven e.V.“, jenem gemeinnützigen Verein für behinderte Kinder in St. Petersburg/Russland, in die Sammelkörbe am Ausgang der Kirche gelegt.
Eine sehr gute Idee: Künstlerische Leistung und soziales Engagement zum Lob des vermuteten Allerhöchsten und zum Nutzen benachteiligter Menschen auf Erden an diesem Altar (in dem sich u.a. Reliquien des Hl. Ignatius von Loyola befinden sollen!) zu harmonisieren.
Eine Steigerung wäre nur dann noch zu erreichen, wenn solche Veranstaltungen konfessionsübergreifend, im Sinne einer aktiven Ökumene, eine Perspektive hätten. Darüber etwas intensiver als bisher nachzudenken, wünscht man nach so einem großartigen und nachhaltigem Konzert der 170-jährigen Heilig-Kreuz-Kirche, ihrer Gemeinde, den Vorständen und ihrem Pfarrer...

red.