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Teures Spektakel

Das Annaberger Klosterfest lockte auch in diesem Jahr (2012) wieder zahlreiche Gäste aus nah und fern, die sich allerdings über die erhöhten Eintrittspreis nicht nur begeistert zeigten und deshalb Alternativen aufsuchten. 

„Nun seid doch nicht so pingelig!“, - möchte man denjenigen zurufen, die zum dreitägigen Annaberger Kloster-Fest-Spektakel bereits an der Klosterpforte meckern mussten: Dass man diesmal 5.- Euro pro Tag (!) Eintrittsgeld verlangte, statt wie vor zwei Jahren nur 3.- Euro und sich dafür alle drei Tage dem „Schall, Tanz und Gesang bei Bieren und Essereyen“ aussetzen konnte, ist sicherlich mit höheren Ausgaben für die Spielleute und den Löchern in der Stadtkasse zu begründen. Und dass die freundlichen Einlassdienste an den Pforten keine Preisschilder aufgestellt hatten, nicht wussten, wer der Veranstalter ist, bei dem man seine Preis-Fragen stellen konnte, sollte man auch nicht so ernst nehmen.
Auch dass die Händler über deftige Preisaufschläge ihre Standmiete einigermaßen wieder rein holen wollen, ist doch wohl ganz normal. Es gibt auch überhaupt keinen Grund, sich über die andauernde Verwechslung von Mittelalter und Renaissance durch die Ansager, Gaukler und Spielleute zu mokieren, die waren nun mal zu einem so genannten Mittelalter-Fest eingeladen, wie sie hundertfach in deutschen Landen – und darüber hinaus – veranstaltet werden, egal, ob die zu bespielende Kulisse in der Renaissance oder im Barock errichtet wurde. Wen interessiert es dann noch, wenn das Annaberger Klosterfest mit mittelhochdeutschen Versen des Walter von der Vogelweide eröffnet wird, der fast fünf Jahrhunderte vor unseren Franziskanermönchen lebte und weder vom Miriquidi noch vom späteren Erzgebirge eine Ahnung hatte?

Aber dass es sich die erste Frau auf dem Stuhl des Annaberger Stadtoberhauptes seit über 500 Jahren, unsere Oberbürgermeisterin Barbara Klepsch, nicht nehmen ließ, in einem stilgerechten, prächtigen Renaissancekostüm mit Amtskette die erwartungsfrohen Gäste zu begrüßen, wurde mit viel Applaus bedacht.
Eben solche Zustimmung haben die einfallsreichen Budenleute verdient, die mit enormer Phantasie und manchmal auch mit kostümierter Selbstverleugnung dem Fest eine besondere Atmosphäre verliehen. Und diese kam ganz besonders an den warmen Sommerabenden auf, als im Fackelschein die alte Klosterruine bei Musik in angenehmer Lautstärke ihre 500jährige Geschichte erzählen durfte. Das war im Gerichtshof, dem Hauptfestplatz, kaum möglich, denn dort sorgten – von ein paar wohltuenden Ausnahmen wie Märchenspiele oder Gaukeleien mal abgesehen – solche Lautsprecher wie „Scherbelhaufen“ oder „Fabula“ dafür, dass Volks-Gespräche kaum noch möglich waren.

Dass man die indische Sackpfeife, den späteren Dudelsack (der übrigens nachweislich nicht im Annaberger Farnziskanerkloster gespielt wurde) auch anders einsetzen kann, konnte man im so genannten „Kleinen Klosterhof“, im Hinterhof beim Uhrmachermeister Hartmann, im Weichbild der Bergkirche erleben. Dort hatte die Familie alte Tische und Bänke aufgestellt, die Terrasse - mit dem ungewöhnlich schönen Blick auf die Marien-Bergkirche und einem prächtigen Sonnenuntergang über den Frohnauer Hügeln - für die zahlreich erschienen Gäste freigeräumt. In dieses alternative Klosterfest kommt man ohne Eintritt – an allen drei Tagen.
Die Preise für Bratwurst, Steak und verschiedene Getränke sind ohne jeglichen Standmietenaufschlag auch von denen zu bezahlen, die dem großen Fest gegenüber vermutlich nur am ersten Tag ihre Aufwartung machen können und wollen. Und im alten Uhrmacher-Hof spielt einer auf der Gitarre in einer Lautstärke, die der Kommunikation eher förderlich ist. Selbst der Dudelsackspieler mit Frau, Kind und Kilt blies sein Fernweh nach Schottland so in den Abend, dass keiner vor einer Reise dorthin zurückschrecken musste.

Wem diese wirklich renaissancehafte Atmosphäre nicht behagt, der ist ganz bestimmt richtig gegenüber beim großen Klosterfest aufgehoben. Und für das, was den Vergnügungshungrigen dort geboten wird, sind 15.- Euro für drei Tage ein mittelalterlicher Pappenstiel. Schenkt den permanenten Meckerern, den Miesmachern und Pingerlingen bloß keine Beachtung! Die gab es bereits im katholischen Mittelalter zur Genüge, und die Annaberger Renaissance war von ihnen keineswegs verschont. Und was ist aus ihnen geworden? Erst Reformierte und dann Ruinen – aber schöne!

Vielmehr sollte man schon jetzt darüber nachdenken, wie in 24 Monden – im Barbara-Uthmann-Jahr (verschoben auf 2015) - die Preise bei derartigen Veranstaltungen den Bedürfnissen und dem sozialen Gefüge in unserer Stadt noch besser angepasst werden können. Da sich diese immer weiter nach oben und vorn entwickeln, kann also auch die Preisentwicklung dem nicht hinterherhinken. Und schon gar nicht in unserer Stadt, in der ein Adam Ries schließlich auch die „Brod-Ordnung“ durchgesetzt hat...

Nachtrag: Nach heftigen Protesten aus der Bevölkerung wurde der Eintrittspreis für den Sonntag auf 3.- Euro pro Person reduziert - was ursprünglich so nicht vorgesehen war...


 

red.
 


 

 


 

 

 

 

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