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September 2025



Fabelhafte Märchenstadt: Das Märchenfilmfestival fabulix in Annaberg-Buchholz

In „St. Fabulix“ ist Annaberg-Buchholz diesmal noch nicht umbenannt worden, aber die Große Kreisstadt hat es wieder getan, zum 4. Mal, hat sie es geschafft, das Internationale Märchenfilmfestival fabulix vom 20.-24.08.2025 auszurichten.

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Fotos: Dirk Rückschloß

Was für eine Gesamtleistung. Angefangen vom Stadtrat, der muss das schon erstmal beschließen, mit vielen hauptamtlichen Mitarbeitern und 120 ehrenamtlichen, begeisterungsfähigen Helfern über fünf Tage die Märchenwelt in Form von Filmen aufleben zu lassen. Das ist eine Großtat zunächst und am wichtigsten für unsere Kinder, von klein bis groß, die die literarische Hinterlassenschaft von den Grimms, Andersens, Musäus ́, der Sagenwelten der Völker, der darin eingeschlossenen Geschichtsbilder, Moralvorstellungen und Gefühlswelten erleben dürfen. Dabei sitzen Eltern und Großeltern, die diese Märchen ihr ganzes Leben mit sich herumtrugen, weitergegeben und erzählt haben. Letztere sind hier nicht ausgeschlossen wie bei vielen Computer- und Handyspielen bei denen die Kinder und Jugendlichen allein vor den Bildschirmen sitzen und auch mit brutalen Szenen allein fertig werden müssen.

Auf dem Festival geht es um viele alte und neue Verfilmungen gleicher und neuer Stoffe und kreativen Erfindungen dabei. Die neuen Filme sind heute mehr untersetzt und angefüllt von sozialen Situationen, differenzierter beschriebenen Verhaltensweisen der Menschen hier und woanders. Alte Filme sind darum so beliebt, weil auch da so etwas gelang wie z.B. in dem DEFA-Klassiker „Der kleine Muck“ oder im nun mehr schon über 50 Lenze zählenden Super-Liebling aller Märchengucker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“(1973). Das Festival begann wie immer mit einer Eröffnungs-Gala am 20. August. Aber eigentlich auch schon davor: Nämlich als die Besucher das Stadtzentrum betraten, zeigte sich die verwandelte Stadt. Der Markt wieder eingefasst von Schauzäunen mit farbigen Erzgebirgslandschaften, in denen grafische Märchenfiguren wandeln. Überspannt war der Markt von einem runden Riesen-Zelt über einer Bühne und dem Zuschauerraum für die Hauptveranstaltungen. Dazu gab es in der Fußgängerzone Buchholzer Straße, Stände mit Büchern, Kostümen, Fabelfiguren, Naschereien. Fast alle Geschäfte in der Innenstadt hatten sich märchenhaft geschmückt mit Filmkleidern, Figurinen, Bildern und am Turm der Annenkirche hing der Rapunzelzopf.

Vor dem Festgelände gegenüber dem Rathaus - mit Rosen geschmückt - der Rote Teppich. Über den wandelten, mit Fanfaren angekündigt, zahllose Ehrengäste: Der Oberbürgermeister zuerst, mit zu recht stolz geblähter Brust, aus Dresden kam die Staatsministerin für Kultur, Barbara Klepsch, ehemals langjährige Oberbürgermeisterin von Annaberg-Buchholz, die früher gerne zu Stadtjubiläen im Renaissance-Kostüm auftrat. Dann folgte der Ehrenpräsident Tobias Hoesel, der als Schauspieler in vielen internationalen Projekten Märchen in Szenen setzte („Perinbaba-Frau Holle“, „Der Eisbärkönig“). Er, noch nicht so bekannt wie die erste Fabulix-Ehrenpräsidentin Christl Bodenstein („Das singende klingende Bäumchen“) oder deren Nachfolgerin Karin Ugowski („König Drosselbart“ mit Manne Krug). Durch viele Fernsehproduktionen in den letzten Jahren hat sich die Produktionsdichte im Genre doch sehr angereichert mit neuen Darstellern. Viele Filmschaffenden folgten, die erfolgreich hinter der Kamera als Produzenten, Regisseure wirkten. Unbestrittener und umjubelter Höhepunkt auf dem Red Carpet war zusammen mit dem Festivaldirektor wieder Pawel Trawnicek mit Frau und Sohn, inzwischen sicher unser Märchenprinz („Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“). Eine Buchpremieren vom Prinzen
zu 50 Jahren „Aschenbrödel“ und seine Anwesenheit bei Kostümausstellungen machten die Begegnungen „rund“.

Bei der Eröffnung standen auch die Sponsoren im Rampenlicht, z.B. erstmals der Chef der Ernsting-Gruppe (Ernsting family) aus Westdeutschland, der nicht verschwieg, zunächst dem Projekt skeptisch gegenüber gestanden zu haben, dann aber bei einem Rundgang überzeugt wurde. Dabei dürften wir ruhig einmal mehr auch wieder mit dem Titel „Weltkulturerbe“ für unsere Altstadt und das Erzgebirge umgehen, damit das ins gesamtdeutsche Bewusstsein allmählich besser einsickert. Weitere Sponsoren sind eher alte Bekannte: Der Sparkassen-Verband Erzgebirge, Kulturraum Erzgebirge und vielen weiteren Begeisterungsfähigen vor Ort. Das Schülerorchester des Evangelischen Gymnasiums Annaberg unter Lena Zwiener überraschte mit tonstarker Interpretation von „Elfen, Feen und Zwergen“. Zudem konnte sich der Klangkörper über eine bedeutende internationale Auszeichnung freuen. Die Moderatoren von Radio Erzgebirge immerhin begannen den märchenhaften Abend mit der Sage über des Silberfund des Daniel Knappe hier am
Schreckenberge. Danach wurde die deutsche Erstaufführung des Märchenfilmes „Prinzessin Goldhaar“, Tschechien/Slowenien in Originalfassung mit gut artikulierter deutscher Einsprache gezeigt. Eine oppulente Verfilmung, in der andere Märchen segmentiert wurden wie „Die weiße Schlange“ oder „Das Wasser des Lebens“. Tolle Bilder, Farben, schöne Darsteller, über zwei Stunden und mit ein paar zu brutalen Effekten.

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Dann begann in den folgenden Tagen die Vorführung der Wettbewerbsfilme im Gloria Palast, der
Bergkirche St. Marien, auf den Altstadtterrassen, auf dem Markt: „Der Winterprinz“, „Kubo, der tapfere Samurai“, „Das kalte Herz“, „The Huntsman& the Ice Queen“, „Das Märchen vom Schlaraffenland“, „Kleiner Aladin und der Zauberteppich“, „Pinocchio“, „Als ein Stern vom Himmel fiel“, „Peterchens Mondfahrt“, „Wie man keine Prinzessin heiratet“, „Raya und der letzte Drache“, Icarus und der Minotaur“ (Animation), „Der Räuber Hotzenplotz“, „Der Petrusschlüssel“, „Die drei goldenen Dukaten“, „Mawka, die Hüterin des Waldes“, „Die Spinnfrau“, „Die drei goldenen Dukaten“, „Rapunzel und die Rückkehr der Falken“, „Das Märchen von der Zauberflöte“, „Der Junge und der Reiher“ (Animation), „Dornröschen und der Fluch der siebenten Fee“, „Das Märchen von der silbernen Brücke“, „Spuk unterm Riesenrad“, „Drei Prinzessinnen“, „Chantal im Märchenland“, „Mandy im Bann der Zeit“.

Viel herrlicher Stoff und die Jury sind die Zuschauer-Kinder. Der Siegerfilm wurde gekürt: „Rapunzel und die Rückkehr der Falken“, eine deutsche, mehrfach prämierte Produktion von 2023. In Workshops mit Märchen nahen Themen konnten sich Kinder dann selbst kreativ einbringen. Musikalischer Höhepunkt war die GALA mit der Erzgebirgischen Philharmonie Aue am 22. August p.a.. Dramatische, amerikanisch-lastige Filmmusiken, die allerdings hohe Ansprüche an das exzellent aufgestellte Orchester stellten, standen im Fokus. Mit wunderbarem Glanz brillierten die Solo-Violin- und -Cello-Solisten des Orchesters bei den Opernarien. Unter der Stabführung des sehr jungen Dirigenten Maximilian Haberstock gelang ein wunderbare Atmosphäre vielfältiger, moderner Film-Klänge. Nur die erzgebirgischen Kälte der Nacht hinderte den Zauber etwas. Zur Begrüßung betonte OB Rolf Schmidt noch einmal mit Stolz und Freude, dass es vor 10 Jahren mit der Festivalidee begann und soviel Kraft und Engagement nicht erwarten ließ wie es heute hier umgesetzt wurde, zum 4. Mal. Dazu gelang es mit Sponsoren, die städtische Kasse nicht zu belasten. Aus dem Hintergrund erfuhr man von ca. 420.000 Euro, plus Sach- und Personalleistungen an Wertstellung für dieses unnachahmliche Kulturevent.

Dadurch war es auch möglich, tolle Solisten zu engagieren: So die Musicalsängerin Jessica Schaffler u.a. als Arielle, den Operntenor Ricardo Marinello mit der Arie des Prinzen aus „Turandot“ und dem neuen „Gott“ aus Tschechien, Nikolas Put, der nicht nur mit der „Biene Maja“ strahlte und hier seinen ersten Auftritt überhaupt in Deutschland hatte. Der Abend ehrte aber auch eine außerordentliche Produzentin für ihr Lebenswerk mit dem Fabulix-Filmpreis: Uschi Reich steht für Produktionen wie „Das fliegende Klassenzimmer“, „Bibi Blocksberg“, „Der Froschkönig“, „Die Sterntaler“, „Dornröschen“. Meira Durand, eine der Hauptdarstellerinnen in Reich-Filmen laudatierte mit reichen Elogen ihre Mentorin. Durchs Programm führte temperamentvoll und legèr BEN vom mdr, nur die Basecap war ein bissel zu wenig elegant für den Abend; vielleicht das nächste Mal mit Harry-Porter-Hut?! Aber Annaberg-Buchholz ist eine Märchenstadt mit fabulix (und auch ohne).

Eveline Figura