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August 2020


Silbernes Jubiläum für den Gößner

Wer hat schon so ein Besucherbergwerk im Hofe des Museums?!
Der 500 Jahre alte Gößner Stollen wurde vor 25 Jahren als Besucherbergwerk im Erzgebirgsmuseum Annaberg eingeweiht.

Endlich ist einmal wieder etwas von der Welterbe-Euphorie zu spüren wie zu Beginn,
als vor mehr als einem Jahr der Titel endlich verliehen wurde. Daraufhin feierten die tschechischen Nachbarn in Joachimov ausgelassen, während hier ein paar müde Fahnen an den herrlichen Objekten angebracht wurden wie dem Frohnauer Hammer, dem Markus-Röhling-Stollen, der einmaligen St. Annenkirche in der Annaberger Altstadt und dem Gößner Besucherbergwerk im Hofe des Erzgebirgs Museum gleich gegenüber.

goessnerstollen25jahre (Andere)
v.l.n.r.: Dr. habil. Günter Meier, Jörg Niklaus, Franziska Herzig, OB Rolf Schmidt, Wolfgang Blaschke

Eingeweiht ward der Gößner Stollen, benannt nach dem ersten Fundgrübner am Anfang de 16. Jahrhunderts, vor 25 Jahren während des „Tags der Sachsen“ in Annaberg-Buchholz 1995. Wer hat schon so ein Besucherbergwerk im Hofe des Museums?! Was den Grundsatz aller hiesigen Wirtschaft- und Kulturentwicklung bestätigt: „Alles kommt vom Bergwerk her.“

Das erklärt sich aus der Geschichte des Silberbergbaus und der Stadtgründung von Annaberg in einem. Beides geschah hier gleichzeitig und parallel. Zur damaligen Zeit gab es im kleinen innerstädtischen Bereich mehr als zwanzig Zechen, deren Huthäuser heute nicht mehr ganz genau, aber so ungefähr ausgemacht werden könnten. Wie schön, würden Kennzeichnungen und auch solche auf die Kulturerbestätten hinweisend endlich im Stadtbild Raum finden.

Der Leiter der Städtischen Museen, Wolfgang Blaschke, diesmal feierlich im Berghabit, begrüßte zur Pressekonferenz am 21.8.20, kompetente Fachleute, die auch am Festakt am 22.8.20 in der Bergkirche teilnahmen und mit Detailkenntnissen zur Auffindesituation des Gößner-Stollens ein wenig von der Überraschtheit, den ersten Begehungen, der Authentizität der Bergwerkssituation, der Erschließung als Besucherbergwerk vermittelten. Mit Silberstimmen sang ein Kinderchor unter Leitung von Frau Madelleine Vogt das „Steigerlied“ und später noch „S´kommt alles vom Bergwerk her“.

Frau Franziska Herzig, Stadtbereichsleiterin Kultur-Tourismus-Marketing, begrüßte denn auch viele, die von Anfang an sich für die WELTERBE-Bewerbung einsetzten wie Herrn Lißke von der Wirtschaftsförderung, Dr. Günter Meier, Dozent der Bergakadenie Freiberg für den Altbergbau, Herrn Jörg Niklas als ehemaligen Museums- und Archivleiter, Vertreter des Vereins Welterbe u.v.a.
Sie berichtete mit Stolz vom bedeutenden Stellenwert, den z.B. der Bergaltar von St. Annen jetzt in der Zwickauer Industrieausstellung Sachsens einnimmt.

Und tatsächlich gilt das Tafelbild von Hans Hesse an der Rückseite des Altars, der vorn noch gotisch ist, als bewusster Schritt in die Renaissance. Es ist der Aufbruch der Bürger in einen mehr selbstbestimmten Arbeitsprozess, dessen Technologie an dieser Stelle nachvollziehbar ist. Kein Wunder, dass Kunsthistoriker von Rang voller Begeisterung darüber sind. Einmalig! Und dem nicht genug, gibt es in Buchholz den sogenannten St.Wolfgangs-Altar in der St. Katharinenkirchein, der die Silberfindungslegende ebenfalls spiegelt.

Kein Zufall deshalb auch der Ort der Gößner-Festveranstaltung, in der einzigen Bergkirche Sachsens, die von Bergleuten für sich gebaut und genutzt wurde und wird. Bisher seien 310.000 Besucher in den Gößner hinab gestiegen, aus aller Welt kommend und auch viele Schulklassen und Kinder ab 6 Jahren werden dort in die Regionalgeschichte eingeführt.

Annaberg wurde 1496 gegründet und von Herzog Georg dem Bärtigen, der sie seine „liebste“ Stadt nannte,  mit großzügigen Privilegien ausgestattet. Nach wenigen Jahrzehnten arbeiteten bereits 3.400 Bergleute in der Stadt und Umgebung und vor dem ersten Stadtbrand von 1604 galt Annaberg als eine der größten und reichsten Städte - nach Nürnberg- in Deutschland.

Bereits 1985 wurde in der Kupferstraße eine „offene Bergbaustrecke“ entdeckt an einer sogenannten „Anzucht“, wo das Wasser ablief. Mit dem Bau der neuen Sparkasse -nach der Wende- auf der Großen Kirchgasse konnten unterirdische Erschließungsarbeiten beginnen. Der Prozess des Begehens, der Erkundung, der Entdeckung als ursprüngliche Silberstätte und der anschließende Ausbau und die Sicherung für die Besucher dauerte Jahre und kostete ordentlich. Dr. Günter Meier schilderte anschließend fasziniert das Nebeneinander von städtischer Bebauung und Bergbau schon 1501.

bergaltar
Bergaltar von Hans Hesse in der St. Annenkirche.

Dr. Jens Uhlig, der in der Wirtschaftsförderung für diese Projekt verantwortlich zeichnete, hatte sich zu einem regelrechten Experten der geologischen Situation durch deren Jahrhunderte entwickelt. Besonders interessant waren deshalb seine Ausführungen über die Vielfalt von mineralischen Lagerstätten und der heutigen Interessenlage weltweit daran. Herr Bernd Lahl, ehemaliger Bergmann, konnte zu den Streckenverläufen unter Annaberg die Ausführungen detailliert ergänzen. Die Bergwerkskunst, ja alle positive Wirtschaft und ihre räumlich-und gegenständliches Verbleiben wird irgendwann zur Kultur, die es zu verstehen und an die anzuknüpfen ist.

Weltweit wurden wir so für den Bergbau in aller Welt Vorbild wie auch mit den daraus entstandenen Bergordnungen. Und nicht nur das Silber, Zinn, Wismut, Eisen oder die Feinerden sind im Fokus. Gerade kürzlich rückte die reichen Kobalt-Vorkommen in den Blick, die über Leipzig und die Seehäfen in alle Welt exportiert wurden. Welch eine Vorstellung, beteiligt zu sein am Blau der Delfter Kacheln, den portugiesischen und spanischen Fliesen oder auch nur unserem Meißner Zwiebelmuster!

Der Tag nach dem Festakt war von Besichtigungs- und Familienprogrammen im Gößner Besucherbergwerk, Erzgebirgs Museum, gekennzeichnet, das rege angenommen wurde.

Eveline Figura