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THEATER ABC

 

 

Januar 2020


Die schwankende Fledermaus

Bericht über die Eindrücke eines ersten Besuches des Opernhauses Chemnitz, verbunden mit einer Fledermausaufführung. Die Bilanz fällt gemischt aus.

Eigentlich wollte ich die Oper in Chemnitz (Eigenbezeichnung: Die Theater Chemnitz) zu einer Vorstellung der Kinderoper „Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt“ erstmalig besuchen. Das Stück ist aber so beliebt, dass selbst die Zusatzvorstellung ausverkauft war. Nun, dann also am 3. Januar 2020 auf in die „Fledermaus“, da kann man eigentlich nichts falsch machen.

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Rosalinde singt als ungarische Gräfin auf dem Ball einen Csárdás.
Fotos: Kirsten Nijhof (c) Theater Chemnitz

Das Gebäude am Theaterplatz macht von außen einen prächtigeren Eindruck als von innen. Es wurde 1988-92 letztmalig saniert und modernisiert. Der Saal weist beeindruckende technische Lösungen auf, z. B. hinsichtlich der Beleuchtung und der großen Drehbühne. Schmuck und Dekorationen sucht man vergebens, was für einen Zuschauerraum in Ordnung geht. Die kühle, innenarchitektonische Zurückhaltung setzt sich aber in den Foyers und Bars fort. Und spätestens im Theatercafe könnte man auf die Anmutung einer Eisbahn verzichten – der Zeitgeschmack ändert sich halt.

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Gefängnisdirektor Frank (Matthias Winter) und Gabriel von Eisenstein (Reto Rosin) gehen unter falschen Namen auf den Ball.

Die Aufführung selbst begann mit einer schön dirigierten Ouvertüre (Musikalische Leitung: Dan Raţiu) während derer auch schon auf der Bühne gespielt wurde. So waren die Verhältnisse zwischen Rosalinde und Gabriel von Eisenstein sowie dem Dienstmädchen Adele schon geklärt, bevor noch ein Ton gesungen war. Das Bühnenbild (Nikolaus Webern) und die Kostüme (Janina Ammon) waren hübsch anzusehen und unterstützten die Inszenierung. Bis dahin war alles in Ordnung.

Reto Rosin sang den Eisenstein solide und spielte beweglich. Rosalinde wurde von Tatiana Larina verkörpert. Hier gab es in Sprache und Gesang enorme Verständnisprobleme. Wer das Libretto nicht schon kannte, der blieb unkundig. Eine Freude war hingegen Franziska Krötenheerdt als Stubenmädchen Adele, ein schöner Koloratursopran und toll gespielt.

Alfred, den Geliebten von Rosalinde, stellte Tommaso Randazzo albern, ja schon klamottig dar. Auch im Gesang war Schönheit nicht zu finden. Man wusste wirklich nicht, was die Rosalinde an ihm fand. Der Eindruck wurde auch durch den weiteren Tenor des Abends, Jürgen Mutze als Anwalt Dr. Blind, nicht gehoben.

Aus dieser gesanglichen Betrübnis rettete einen schließlich Andreas Beinhauer als Notar Dr. Falk. Was für ein außergewöhnlich schöner, metallener Bariton! Der charmante Strippenzieher kam auch spielerisch gut zur Geltung.

Eisenstein wird also zu 8 Tagen Haft verurteilt und Rosalinde freut es, da sie sich dann ungestört mit Alfred treffen kann. Alfred wird in den Armen Rosalindes verhaftet, da man ihn für Eisenstein hält. Dr. Falk arrangiert, dass der ganze Haushalt, vorgeblich nichts voneinander wissend, zum Ball geht. Und auch der Gefängnisdirektor Frank ist eingeladen worden. Direktor Frank wurde von Matthias Winter mit sehr heller Stimme dargestellt. Er spielte engagiert und mit viel Charme. Den Gastgeber des Balls, Prinz Orlofsky, sang Sophia Maeno solide und mit beweglichem Spiel. Ida, Adeles ältere Schwester, verkörperte Sylvia Schramm-Heilfort.

Auf dem Fest gab es einen Auftritt des sehr schön anzusehenden Chemnitzer Balletts. Der Chor (Stefan Bilz) war ebenfalls schlagkräftig und gefiel. Auch die Inszenierung (Johannes Pölzgutter) an sich, vermochte mit einigen putzigen Einfällen und neuen Aspekten aufzuwarten. Dies ist insofern bemerkenswert, da die Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauß seit über 140 Jahren hoch und runter gespielt wird und jedermann versucht, etwas Neues hineinzulegen oder herauszuholen. 

Im Gefängnis treffen letztlich alle wieder aufeinander und die Konflikte lösen sich zumindest oberflächlich. Eisenstein muss seinen Arrest antreten, Adele wird Künstlerin und ist damit als Anstandswauwau im Hause Eisenstein aus dem Weg. Rosalinde und Alfred haben nun sieben Tage für sich …

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Hardy Hoosman als Gefängniswärter Frosch.

Der Gefängniswärter Frosch, gespielt von Hardy Hoosman, wertete das Geschehen deutlich auf. Dieser ältere, versoffene Polizeibeamte war glaubhaft, keinesfalls überzogen. Er sprach nebenher über bayrisch-sächsische Politikschnurren, hatte alle Lacher auf seiner Seite und bekam zum Schluss den größten Applaus.

Insgesamt ist es eine sehr gemischte Bilanz. Die Kritik richtet sich dabei vornehmlich gegen die Leistung mehrerer Solisten. Von einem Theater dieser Größenordnung darf es schon etwas mehr sein. Eine so gesungene Fledermaus fällt auch gegenüber der Leistung kleinerer Theater deutlich  ab. Vielleicht war eine Krankheit durch das Ensemble geschwappt, angesagt war allerdings nichts. Vielleicht ist die Luft raus und man spielt nur noch die verbliebenen Aufführungen ab. Die letzte Vorstellung der Chemnitzer Fledermaus läuft am 01. März 2020 um 15:00 Uhr.

Eva Blaschke