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Januar 2020


Weihnachten ist Musik

Es klingt überall in der Weihnachtszeit: Aus Radios im Auto, aus den inflationären TV-Shows mit immer älter werdenden Schlagergesichtern und jung gebliebenen Stimmchen aus den Konserven und auf den Weihnachtsmärkten, den kleinen, schön geschmückten – mit Weihnachtliedern, mit Bläserquartetten-live, - bei uns die erzgebirg`schen Weisen, auch mal mit und ohne Randfichten und dazwischen Frank Sinatra oder Bing Grosby. Doch am unverzichtbarsten sind doch die Perlen thüringisch-sächsischer und böhmischer Barockmusik, dazu Tschaikowskij und die wundervollen Kirchenlieder, die längst zu Volksliedern wurden.

musik weihnachten (Small)
Was wäre Weihnachten ohne Musik? Ein Kaufrausch, den man das ganze Jahr frönen könnte und zu viel Essen und Trinken, nur eben mit Gans und Klößen!

Zur richtigen Musik, die einem am Herzen anfasst, muss man zur Ruhe finden. Man muss zu ihr hingehen, sich auf Stühle oder in Kirchenbänke setzen und für ein paar Stunden ausschließlich ihr angehören wollen. Und das darf man reuelos, auch ohne kirchliches Bekenntnis; sonst wären die übers Jahr oft schlecht besuchten Gotteshäuser zur Weihnachtszeit nicht so übervoll, ausverkauft, ja gesucht. Und auch die Konzerte der Theater- regelrecht bis auf den letzten Platz mit erwartungsvollen Gesichtern und mit neuen Batterien ausgestatteten Hörgeräten voll platziert.

Weihnachten ist das schönste Fest des Jahres, sein legendärer kirchlicher Hintergrund - die Geburt des Jesuskindes - allem Volke verständlich und sympathisch, im Unterschied zu den anderen in die Jahrhunderte gekommenen Ritualen. Hierzulande ist die Jahreszeit auf den Straßen noch dazu kalt und feucht, so dass es die Menschen in die öffentlichen und privaten Räume hineinzieht - im Unterschied zu den Südamerikanern, den Spaniern, Italienern, die zu Weihnachten, auch den Heiligen Abend gern mit Freunden, Musik und Tanz verbringen. Bei uns bleibt es innig oder festlich und jubelnd nur in der Musik mit den strahlenden Bachtrompeten im Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach.

In der St. Annenkirche in Annaberg-Buchholz, der St. Jacobikirche Stollberg, vielen Orten bis hin zur Thomaskirche in Leipzig oder der Kreuzkirche in Dresden erklang Bachs herrliche Musik. Er hat kirchliche Choräle mehrfach mit anderen Texten umgewidmet und deshalb waren sie den Menschen vertraut -zum Mitsingen; z.B. „Wie soll ich dich empfangen“ hat die Melodie von „Herzlich tut mich verlangen“; oder „Ach, mein herzliebes Jesulein“ ist bereits als „Vom Himmel hoch“ bekannt. Die Kantorei St. Annen tat choristisch wieder, was sie vermochte unter ihrem Noch-KMD, Matthias Süß, dem Collegium musicum- verstärkt von Musikern aus Chemnitz und Freiberg, eben besagte Bachtrompeten !, den Solisten- und der nunmehr zum Weltkultrerbe gehörenden St. Annenkirche. Die präsentierte sich im weihnachtlichen Festschmuck mit lebenden Kerzen rund um die Empore über der Maidburg`schen Bilderbibel, den schönsten Weihnachtsbäumen links und rechts vom Altarraum und den erwartungsvollen Menschen auf den beheizten, aber harten Kirchenbänken. Mehr geht nicht für Glück im Herzen zu dieser Zeit, auch wenn die Thomaner und Kruzianer in Leipzig und Dresden die Fugen und Läufe wohl sauberer und in den Höhen viel glanzvoller präsentieren.

Noch wusste zu dieser glücklichen Zeit niemand, dass am 1. Weihnachtsfeiertag, der beste Sänger des Evangelisten im Weihnachtsoratorium- wohl weltweit !- für immer seine Ruhe fand. Der Tenor PETER SCHREIER aus Gauernitz bei Meissen sang in seiner langen, erfolgreichen Weltkarriere diesen Part ungezählte Male mit souveräner Textverständlichkeit, sicherer Höhe und selten sauberer Intonierung von schwierigen Läufen. Auch mit Liederabenden in der ´Stunde der Musik` gab er unserer großen Kreisstadt die Ehre wie er auch dem Konzerthaus am Gendarmenmarkt Berlin als Vorsitzender des Kurartoriums vorstand. Er war einer, dem es um die tiefempfundenen Inhalte dieser Musik ging und um deren Verbreitung.

In Annaberg-Buchholz gibt es zudem eine vorweihnachtliche Dramaturgie in St. Annen. Adventsmusiken bereiten auf diese Höhepunkte im Jahr vor. „Adventeinblasen“ mit dem Posaunenchor unter Günter Reinhold vor der Kirche, die Bachkantate Nr.61 zum 1. Dezember, die Samstage vor den Adventssonntagen dann mit vielen wundervollen Weisen aus Deutschland, aus Böhmen, Ungarn, England, den Weihnachtsliedern aus dem Kirchengesangbuch und auch dem mundartlich klingenden „Der Himmel is e Lichterbung“ wurde Weihnachten vorbereitet. Kantor Süß musizierte an der Orgel mit `Harmonic Brass` und nach dem `Weihnachtsoratorium`am Samstag vor dem 3. Advent glänzte der Chor der Evangelischen Schulgemeinschaft Erzgebirge vor dem 4. Advent mit seinem Weihnachtskonzert unter Dr. Daniel Zwiener. Die hatten im Herbst bereits mit einer eindrucksvollen „Carmina burana“ zum 20. Jubiläum ihrer Schule Furore gemacht.

Kein Gottesdienst ohne Musik und Gesang mindestens seit Luther. Der wusste um die Herz ergreifende Wirkung des durch Musik verstärkten Wortes! Und so  sind die Verspern am Heiligen Abend erst zu Ende, wenn die Musikalische Vesper um 17 Uhr verklungen ist zusammen mit der Weihnachtsgeschichte, die den Christen mit der Verheißung der  Auferstehung Lebenshoffnung gibt.

Aber auch anderer Orten wie im Erzhammer klingt Weihnachten an mit dem Konzert des Singkreises Annaberg, der von besonderer Innigkeit war. Unter Frau Enderlein, deren Vater, Hans Schaarschmidt, Jahrzehntelang diesen Chor geleitet hatte, wurde die Tradition fortgesetzt.

Im Eduard-von Winterstein-Theater haben die Weihnachts- und Silvesterkonzerte Traditionsstatus erlangt. Früh ausverkauft wird das Weihnachtskonzert deshalb zweimal gegeben. In diesem Jahr standen sie wieder unter der sorgsamen Leitung von Kapellmeister Dieter Klug, der viel Aufwand in die Programmauswahl investiert. Auch wenn das Stamm-Publikum zu gerne Tschaikowkijs „Nussknacker“ hört, ist ihm daran gelegen, unbekannte oder vergessene Musiken ins Weihnachtslicht zu heben. Und so überraschte er mit Kompositionen aus der Vor-Mozart-Zeit: Johann Gottlieb Grauns fein ziselierter „Sinfonia“ in B, Johann Stamitz`auftrumpfende „Sinfonia Pastorale“ in D, Johann David Heinichens zarte „Hirtenmusik für die Weihnachtsnacht“ sowie Ausschnitte aus  Christoph Graupners Ouvertüren-Suite in D. Der in Kirchberg geborene Barockkomponist wurde Hofkapellmesier in Darmstadt. Der tänzerische Charme ist durchaus im Kontext der Französischen Suiten Bachs zu sehen. Das Weihnachtskonzert glänzte mit russischen Komponisten im zweiten Teil mit deren russischen Volksweisen als Themen: Mili Balakirew Òuvertüre über drei russische Themen, Aleksander Skrjabins „Träumerei“, Peter I. Tschaikowskijs Schauspielmusik „Schneeflöckchen“.

Nicht nur weil die wunderbaren russischen Volksmärchenfilme bei uns zur Weihnachtszeit gehören, sondern auch, weil man hören konnte, wie europäisch die russische Musik im 19.Jahrhundert aufgeschlossen hatte; Wagners Einfluss schöpferisch verarbeitet ward, die deutsche Romantik wirkte und ein eigener nationaler Stil das gewachsene Selbstbewusstsein prägte. Herrlich die Erzgebirgs Philharmonie Aue in selten gehörtem Schwung  u n d meisterlicher Präzision aller Stimmgruppen und doch wie nicht immer: wunderbare Bläserklänge mit Fülle und Eleganz.
Die Weihnachtslieder zum Mitsingen wurden von Mitgliedern des Opernchores unterstützt, was schön war, aber nicht nötig. Das Publikum war sattelfest bei „Sind die Lichter angezündet“, „Es ist eine Zeit angekommen“, „Freit eich, ihr Leit“, „Dr Bergmaa“, „Tochter Zion“ und „Fröhliche Weihnacht überall“.

Und wie ist es mit Hausmusik und Singen unter`m Christbaum? -Je nach dem, ob jemand singen kann, ein Instrument spielt und die Familie gerne mitmacht. Auf alle Fälle werden die Musik- und Erzgebirgsgruppen wieder bei vielen Weihnachtsfeiern unterwegs gewesen sein und die Leute zum Singen animiert haben. -Un wie schie dos klingt in unnerer deitschen Muttersprooch!

Ein schönes Jahr 2020 wünscht
Ihre
Eveline Figura

Foto: Rolf Rehm