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November 2019


Können wir eigentlich noch richtig feiern?
Gedanken anlässlich 200 Jahre Friedrichsaal des Erzhammers Annaberg

Wie Vieles verändert sich auch das und um so schneller, wenn wir Rituale nicht mehr oder weniger pflegen. So sind die Kleinfamilien von den Altvorderen entfernter als früher, weggezogen, oft entfremdeter geworden. Die Arbeitswelten nach der Wende haben es erzwungen in einer Geschwindigkeit, was früher nur von Kriegen getoppt wurde.

friedrichsaalerzhammer


Wenn Feste und Traditionen regelmäßig und in den Familien tief verwurzelt sind, funktioniert`s aber. Die entfernten Glieder kommen zu Weihnachten gern in die schimmernde Heimat, ist es doch hier so schön wie kaum woanders und dazu noch vertraut. Vor Wochen noch versicherten mir Freundinnen, dass sie noch nicht an die Weihnachtszeit denken könnten. Kaum wird`s kalt und schon am 12.November wird der riesige Weihnachtsbaum durch die Stadt auf den Markt geschleift und  das Pyramidengestell wird antransportiert, kommt die Planung fürs fest in Schwung und auch die Vorfreude.

Oder im vergangenen Sommer: Mit übermächtigem Aufwand und fabelhaftem Einsatz, gemessen an der Zahl der Kulturmitarbeiter, wurde zum zweiten Mal fabulix, das Internationale Märchenfilmfestival, zelebriert und mit Freude und vielen Gästen und Zuschauern genossen. Angenommen also! Und das kurz nach der Verleihung des Titels WELTKULTURERBE Montanregion Erzgebirge im Juli. Nach der Jahre langen, vielen konzeptionellen Arbeit der Antragstellung nun das Ergebnis. Zum Glück fiel das zusammen mit dem 500. Kirchweihjubiläum der St. Annenkirche, die zusammen mit dem Frohnauer Hammer ein zentraler Bestandteil des Titels sind. Das Fest wurde würdig begangen und dann war wohl in der Stadt die Luft raus. Seitdem hängen zwei verblichene Fähnlein am Rathaus, die von der Freude darüber künden sollen, aber ohne wirkliche Überzeugung für die Bürger bleiben.

Weil zu Viele nicht mitgenommen oder einbezogen werden in den Prozess des Stolzes darüber, arbeiten sich die paar Fleißigen in der Kultur krumm und die anderen geht es nichts an. Keine Feier wie in St. Joachimsthal oder Olbernhau.

Ebenso fand eben ein wichtiges Jubiläum für unseren Erzhammer statt. Der vom sächsischen König einst autorisiert benannte Friedrich-Saal wurde 200 Jahre alt und ist seitdem zentraler Feierort für viele Höhepunkte im Stadt und Familienleben gewesen. Die Museumsgesellschaft hatte ihn einst initiiert und wöchentlich 2-3 Veranstaltungen, -Konzerte, Vorträge, Feiern, Tanzstunden veranstaltet. Aus diesem Anlass war eingeladen worden und die Leiterin des Hauses, Kristin Baden-Walther, erinnerte eindrucksvoll an die Fülle der Kultur, die hier seitdem stattgefunden hat im Wechselgespräch mit „Bürgermeister Wilisch“, alias Rainer Eckel, der aus dem Staunen darüber nicht hinweg kam.

Feste und Feiern, Jugendweihen seit 60 Jahren, Konzerte, Ausstellungen- wie die ab Januar , die sich zum Thema 500 Jahre Kät-Fest befassen wird, Jahrzehnte „Stunde der Musik“ mit der Créme de la créme der DDR-Künstler von Peter Schreier bis Manfred Krug, Gisela May bis Frank Schöbel u.v.a. Der Klub der jungen Talente stellte sich regelmäßig mit Programmen vor, zuletzt zu seinem 60. Gründungsjubiläum. Daraus gingen dann auch reife Talente hervor, die in die Welt gingen. In Gästebüchern und Fotoalben, auf Plakaten und mit Schaustücken aus dem Archiv konnte man das nachvollziehen. Und Frau Baden-Walther ist sogar familiär hier lange verwurzelt, was sie in aller Bescheidenheit natürlich nicht erwähnte. Ihr Großvater Gottfried Baden, außerordentlich geschätzter Musiklehrer hat hier mit seinem Schulchor und seinem Baden-Streichquartett Jahrzehnte gewirkt.

Als nun aber der Aufruf an die nicht allzu große Schar an Festgästen Folge geleistet wurde, das ganze Haus zu besichtigen, war der herrliche Friedrichsaal mit seiner Kassettendecke nach einer knappen Stunde des Gedenkens bis auf zwei Musiker auf der Bühne plötzlich leer! Früher hätten Massen getanzt, gelacht, gegessen und getrunken...oder mit Loriot: „Früher war mehr Lametta!“ Und was wäre gewesen, hier gleichzeitig an 30 Jahre Mauerfall am 9.11.2019 zu erinnern?

Aber bevor man einen Ort gerne besucht, schätzt und befeiert, muss man was über seine Geschichte wissen. Wissen fängt in der Schule an (Wie viele Schüler waren eigentlich noch nie hier?) und so hoffen wir, dass in der Januarausstellung Schulklassen nicht nur wegen der KÄT-Geschichte kommen, sondern auch noch was über die lange glorreiche Geschichte diese Ortes hören, der von Bürgern für Bürger geschaffen wurde. Die nächste große, repräsentative und sicher besser besuchte Veranstaltungen wird hier am Donnerstagabend, dem 14.11.2019 stattfinden, die Verleihung der Stadtpreise von Annaberg-Buchholz für verdienstvolle Bürger.

Eveline Schicker-Figura