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April 2019


Opern-Archäologie live

Premiere „Zum Großadmiral“ von Albert Lortzing in Annaberg-Buchholz

Er hat es wieder getan! Intendant Dr. Ingolf Huhn gilt als Wiederholungstäter in Sachen Opernausgrabungen. Diesmal ist ihm die Hebung eines Goldschatzes gelungen: Albert Lortzings vorrevolutionäre Spieloper „Zum Großadmiral“ hatte 170 Jahren nach der Leipziger Uraufführung (1847) und langem Vergessensein als heiteres Meisterwerk deutscher und italienischer Klangfülle und hohen Ansprüchen an die stimmlichen Parts ihre begeistert aufgenommene Premiere am 28.April 2019.

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Fotos: Dirk Rückschloß / BUR-Werbung

Lortzings Opern sind dauerhaft auf den Spielplänen großer und kleinerer Häuser anzutreffen und erfreuen sich großer Beliebtheit beim Publikum. Lortzing war ein  Tausendsassa  der deutschsprachigen Opernwelt im 19.Jahrhundert, der sein eigener Texter, genialer Komponist  war, mit eigener Familientruppe oft auf Achse, Bühne und Kostüme einrichtete und auch noch selbst spielte und sang.  Seine komischen Opern kopierten nicht nur die oft ausufernde Adelswelt, sondern griffen gern auch zu großen historischen Figuren: Peter I. in „Zar und Zimmermann“, „Andreas Hofer“ im gleichnamigen Liederspiel (-ebenfalls in Annaberg aufgeführt) oder wie hier in „Zum Großadmiral“ den englischen Thronerben Heinrich, denn es allerdings wirklich nur zu Shakespeares Zeiten gab.

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Kurz vor der 1848 Revolution musste man wegen der Zensur vorsichtiger sei; verboten wurde man trotzdem. Denn mit seiner Kritik am dekadenten Verhalten des Adels machte auch ein Lortzing keine Abstriche. Nun residiert Prinz Heinrich von England in Annaberg. Der muntre Schürzenjäger (Jason Lee in seiner erst zweiten großen Tenorrolle!) will nicht steif am Hofe seinen Geburtstag begehen, sondern lieber verkleidet in der Hafenkneipe „Zum Großadmiral“ mit hübschen Mädels sein. Die Regie dazu überlässt er seinem vertrauten Graf Rochester (Jason-Nandor Tomory) mit der Ausrede ´Ich muss zum Großadmiral´. Was er nicht weiß, dass dieser mit der Kronprinzessin Catharina (Bettina Grothkopf) vereinbart hatte, eine Situation herbei zu führen, die ihn auf den rechten moralischen Weg zurück führen muss. In der Kneipe kommt er tatsächlich in die Klemme, weil er plötzlich ohne Geld mit einem zu üppigem Ring bezahlt und festgesetzt wird. Nur mit Mühe kommt er wieder ins Schloss, wo sich alles in Wohlgefallen auflöst. Die Regie (Ingolf Huhn) setzt auf Bewährtes mit kontrastierenden Bildern zwischen steifem Hofzeremoniell nach Offenbachs Motto: „Bildet schöne Gruppen“ und überbordender Volksszenen in der Hafenkneipe.

admiral3 (Andere)Die Bühne (Tilo Staudte) bietet viele Spielebenen, Stiegen, Türen, Balkone - schön bemalt und ist als dritte Wiederverwendung der Holzkonstruktionen aus „Prinz von Heidelberg“ und „Blossom time“ nicht wieder zu erkennen. Mit wenigen grauen Tüchern und witzigen Tierkörpern ist die Hafenkneipe dekoriert und wie mit Zauberhand verwandelt sich alles wieder in das stahlende Schloss. Brigitte Golbs Kostüme des 18. Jahrhundert haben endlich wieder länger vermissten Stil, Farben und trotzdem Einfallsreichtum und mit der öffentlichen Ankleidung der Prinzessin im Saale kommt noch Pikanterie ins Spiel.

Und nun zurück zum Hauptakteur des Abends: Lortzings Musik.
Der hochgebildete Wiener Komponist kannte seinen Mozart! Steht doch sein Geburtshaus an der Wieden, wo Emmanuel Schickaneder unweit davon das heutige Theater an der Wien für Mozarts „Zauberflöte“ baute. Lortzings „Szenen aus Mozarts Leben“ sind eine Liebeserklärung an das große Vorbild. Und  Rossinis Schmiss und Leichtigkeit war ihm ebenfalls vertraut. Er beherrschte die  Stilmittel der Vorgänger ohne zu kopieren. Schon in der volltönenden Ouvertüre mischen sich melodiöses Esprit mit deutschen Bläserklängen, Zartheit und Zupacken. Im ersten Akt kommt die Hofgesellschaft von der Jagd, bringt den deutschen Wald quasi mit auf die Bühne und der Herrenchor (Chöre: Jens Olaf Buhrow) kann seine stimmliche Kraft und meist auch  mit Wohlklang entfalten wie noch oft am Abend zusammen mit den Damen. Die Solisten hatten in der Inszenierung die Chance, sich stimmlich darzustellen. Die Szene ging nicht über sie hinweg.

Bettina Grothkopf als Prinzessin Catharina durfte ihren schönen Sopran in Seufzen und Klagen vom Balkon entfalten und zusammen mit dem Chor Herrscher-Würde im Schloss verbreiten. Ein wenig mehr Figurenführung in den prächtigen Kostümen und im Bühnenraum hätten der Gestalt noch mehr Persönlichkeit verliehen. Jason-Nandor Tomory als Rochester hatte seinen erkälteten Bariton insbesondere in der Höhe dennoch wohl im Griff, wirkte als „Spielmacher“ am Hofe aber etwas überkontrolliert, ja gelangweilt. Die Kontaktaufnahme zu seiner verschollenen Nichte Betty (Anna Bineta Diouf), die in der Hafenkneipe aufgewachsen war, gelang nur über den verliebten Pagen Eduard alias ihrem Gesangslehrer (Madelaine Vogt). Diesem Paar war dann auch mehr Bewegungsspielraum gewährt: Frau Vogt spielte den Pagen zwischen Amadeus oder Cherubin mit schöner stimmlicher Leichtigkeit und viel Empathie zur Partnerin, die mit ihrem Mezzo mithielt und überzeugte.

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Der Gastwirt „Zum Großadmiral“, ehemaliger Seefahrer, verkörperte einmal mehr mit Augenbinde und Seemannsjargon László Varga. Sein Bass füllte die Schenke trotz lautstarkem Orchestergraben und Chor und die mehrstrophigen Lebensschilderungen kamen beim Publikum verständlich an. Die schwankende Seemänner und ihre Weibsbilder wurden von Sigrun Kressmann choreographiert. Das Hochleben auf England ginge hymnisch in Mark und Bein, wüsste man endlich etwas mehr über die heutige Zukunft dieses Landes! Unserem neuen, jungen Tenor, Jason Lee, als vom Wege abgewichener Thronfolger Englands gelang eine überzeugende sängerische  Leistung. Seine wirklich schöne, weil klare Stimme strahlte in den Canzonen und überzeugt auch immer mehr in der Höhe. Die Liebenswürdigkeit des Gesangs brachte seine unbedachte Naivität in den Ereignissen gar recht zum Ausdruck. An zupackender Männlichkeit muss er noch arbeiten, hineinwachsen, mit Hilfe von guter Ausstattung und Schulterpolstern! Das Publikum jedenfalls hat den sympathischen jungen Mann schon ins Herz geschlossen. Die eloquente Dienerschaft lag wieder in den bewährten Mimen Michael Junge und Matthias Stephan Hildebrandt und deren tenoralen Kommentaren.

Die Erzgebirgische Philharmonie Aue unter GMD Naoshi Takahashi untermauerte das Bühnengeschehen mit auftrumpfenden Temperament und manch stilsicherer Zartheit. Trotzdem wäre auch gelegentliches Verharren für die auszusingenden Passagen der Solisten wünschenswert. Insgesamt war der Abend ein wohlklingender Beweis, dass es lohnt, noch viel aus  den Musikarchiven zu heben. Im Publikum saßen viele Mitglieder der Albert-Lortzing-Gesellschaft e.V., manche von ihnen aus der Schweiz angereist.

Und so hat unser kleines , feines Theater mit seinem vielseitigen Spielplan und solch bemerkenswert einmaligen Inszenierungen eine wichtige Aufgabe für die Ausstrahlung des Ezgebirges -auch in die große Welt.

Eveline Figura

Nächste Vorstellungen:
8.5.,19.30 Uhr-Aktionstheatertag;
12.5.,19 Uhr;
19.5,15 Uhr;

Und ab 21.6.-30.6.2019:  AUF DEN GREIFENSTEINEN bei Ehrenfriedersdorf:
Der Zauberer von Oz
Ronja Räubertochter
und
Heißer Sommer
Premiere im Juli 2019:  11.7.2019, 15 Uhr: Neues vom Räuber Hotzenplotz
21.7., 15 Uhr: ebenso und großes Kinderfest im Anschluss
27.7.2019, 21.00 Uhr: Blues Brothers
Premiere im August:18.8., 15 Uhr: Musical „Die Schatzinsel“

www.winterstein-theater.de