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THEATER ABC

 

 

Januar 2019


Schön Böse

Die Oper „Tosca“ feierte am 20. Januar 2019 am Winterstein-Theater Premiere. Das kurz vor 1900 von Giacomo Puccini komponierte Werk zählt zu den am meisten gespielten Opern weltweit. In Annaberg-Buchholz erlebte es eine solide Inszenierung auf gutem sängerischen Niveau.

Die Handlung des Stückes spielt sich im Wesentlichen zwischen drei Personen ab: Der Sängerin Tosca, ihrem Geliebten Mario Cavaradossi und dem Polizeichef der Stadt, Baron Scarpia, in Diensten der Österreicher, die mit allen Mitteln die Republikaner bekämpfen. Letzterer will Tosca für sich und da er Macht besitzt, Moral nicht kennt und politische Auseinandersetzungen als Feigenblatt zu missbrauchen versteht, wechselt sich eine dramatische Szene mit der nächsten ab.

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Scarpia eröffnet Tosca Stück um Stück zu welchem Preise sie die Freiheit Cavaradossis erlangen könne. Eine Farce, wie sich später tragisch herausstellt...
Fotos: Christian Dageförde / BUR-Werbung

Vor jeder Premiere eines Stückes am Eduard-von-Winterstein-Theater findet am vorangehenden Sonntag um 11:00 Uhr im Theaterfoyer ein Premierenschaufenster bei freiem Eintritt statt. Hier erfuhr man vorab vom Regisseur Rainer Wenke, dass er sich bei der Inszenierung ganz auf die Musik und das Können der Sänger stützen wolle. Auch der Ausstattungsleiter Martin Scherm betonte, dass insbesondere bei dieser Oper Zurückhaltung angebracht sei. Bühnenbild und Kostüm sollten die Handlung unterstützen und nicht davon ablenken.

Hinsichtlich des Bühnenbildes kann man dieses Vorhaben durchgängig als geglückt bezeichnen. Bei den Kostümen gelang dies nicht immer. Beim ersten Auftritt der Tosca fragte man sich mit Blick auf die Kleidung, ob dies wohl die Schwiegermutter oder die Oma des Cavaradossi vorstellen sollte.

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“Er für den Galgen, sie mir in meine Arme...” Im blasphemischsten Te Deum der Operngeschichte vermischen sich Scarpias Wollust mit Glockenklängen und Gebet...

Generell schleppte sich der 1. Akt etwas, was aber im Stück so angelegt ist. Am sehenswertesten war hier der im Dienst weiß gewordene und ewig meckernde Messner (László Varga). Auch der volle Bass des Chorneuzugangs Volker Tancke konnte als Angelotti bewundert werden. Eine schöne, kleine Auflockerung gab es in der Vorbereitung zum Te Deum, als eine Nonne (Juliane Roscher-Zücker) sich als Whoopi Goldberg versuchte.

Im 2. Akt wurde deutlich Fahrt aufgenommen. Allein schon das Amtszimmer des Baron Scarpia, mit den Bildern „Der Raub der Töchter des Leukippos“ (Rubens) und „Leda und der Schwan“ (Veronese), war sehr gelungen. Dazu auf dem Tisch ein Leuchter, mit drei fast abgebrannten Kerzen, welche alle bald verlöschen werden …

tosca2 (Andere)Jason-Nandor Tomory gab seinen wunderbaren Scarpia, eine Einheit in Gesang und Darstellung, mit soviel Aufrichtigkeit und schierer Freude an der Bosheit, das einem gruselte. Hier musste niemandem erklärt werden, warum dieser Mann nur mit einem Messer in der Brust aufzuhalten ist. Sehr schön besetzt waren auch die kleineren Rollen des Spoletta (Marcus Sandmann) und des Sciarrone (Matthias Stephan Hildebrandt) als Scarpias Gehilfen. Manche Darsteller brauchen weder viel Platz noch viel Text, damit das Publikum sie bemerkt.

Die schlichte, aber wirkungsvolle Mauer als Bühnenbild im 3. Akt konzentrierte wirklich alles auf die Sänger, in diesem Fall auf Bettina Grothkopf als Tosca und Jason Lee als Mario Cavaradossi. Frau Grothkopf beeindruckte mit großer Stimme und dramatischer Reife. Das Auf- und Ab der großen Gefühle war glaubhaft und nachvollziehbar.

Das Glück des Wiedersehens ist ein Kurzes. Cavaradossi wird erschossen, offiziell als Rebell gegen Habsburg, eigentlich als Konkurrent Scarpias. Tosca wählte den Freitod. Puccini schuf ein Liebesdrama mit starken politischen Aussagen, Italiens nationale Einheit war zur Zeit der Uraufführung noch keine 30 Jahre alt.

Nicht wenige Zuschauer waren auch gekommen, um sich endlich ein Bild (bzw. Ton) vom neuen Tenor Jason Lee machen zu können. Und im Publikum zitterten einige mitfühlende Herzen mit dem Sänger, besonders bei den Höhen. Nichtsdestotrotz war es ein respektabler musikalischer Einstand. Die Rolle des Cavaradossi gewann sehr dadurch, dass Herr Lee das Seelenleben seiner Figur deutlich und sehr emotional nach außen spiegeln konnte.

Hauptkritikpunkt der Aufführung ist die Lautstärke des Orchesters. Wer den Text nicht vorab schon gehört hatte, bekam im 1. Akt auch kaum Gelegenheit dazu. Im 2. und 3. Akt besserte sich die Situation.

Zusammen gefasst eine solide bis schöne Aufführung mit einigen Überraschungen. So endet das Stück gewöhnlich mit dem Sprung Toscas von der Engelsburg. Da das Bühnenbild am Ende eigentlich nur aus einer Mauer besteht, hat der Zuschauer auch hier diese Erwartungshaltung. Aber das sehen Sie sich dann bitte selbst an …

Eva Blaschke

Weitere Aufführungen:

Mi  23.01.2019  19.30 Uhr
Sa  02.02.2019  19.30 Uhr
Fr  08.02.2019  19.30 Uhr
Do 14.02.2019  19.30 Uhr
So 17.02.2019  19.00 Uhr
So 10.03.2019  19.00 Uhr
Sa 20.04.2019  19.30 Uhr

www.winterstein-theater.de

Rezension von Boris Gruhl bei MDR