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Juni 2021



Kriebstein im Csárdáswirbel

Pünktlich zur Sommertheater Saison sind die Inzidenzen schlagartig gesunken. Die Csárdásfürstin konnte wie geplant auf der Seebühne Kriebstein Einzug halten.

Das Annaberger Wochenblatt hat die Vorstellung am 13.06.2021 besucht. Im Vorfeld hörte man von besetzten Kartentelefonen und Buchungssysteme für magisch begabte. Wobei eine gewisse Umständlichkeit des online Buchungssystems des Mittelsächsischen Theaters bestätigt werden kann, welche vermutlich dem Alter geschuldet ist.

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Tonje Haugland als Csárdásfürstin Silva Varescu. Foto: René Jungnickel

An der Seebühne war bei freier Platzwahl jedoch eitel Sonnenschein und gute Laune. Die Freude des Publikums, heraus zu kommen und live Theater zu erleben war unübersehbar. Wenn man vom großen Besucherparkplatz zur Bühne läuft, kann das Testzelt nicht verfehlt werden. Wer Zugang zum Zuschauerraum will, muss zur Zeit geimpft, getestet oder genesen sein. Es geht jedoch alles zügig und unkompliziert von statten. Etwas früher anzureisen, schadet trotzdem nicht.

Der Kriebsteinsee bildet eine malerische Kulisse in blau und grün für die Csárdásfürstin. Die Geschichte also, um die erfolgreiche Chansonette Silva und den Fürstensohn Edwin, welche sich lieben und sich nach dem Willen der fürstlichen Eltern nicht bekommen sollen. Und natürlich die Geschichte um den Grafen Boni und Komtesse Anastasia, welche beide eine sehr pragmatische Einstellung zur Ehe haben ("Liebst du mich denn wirklich?" "Zum Heiraten wird es schon reichen.") und dann doch die große Liebe finden.

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Frank Unger als Edwin und Lindsay Funchal als Komtess Anastasia. Foto: René Jungnickel

Im 1. Akt ging Kapellmeister José Luis Guitiérrez das Tempo stellenweise recht gemächlich an. Das Liebesduett zwischen Silva (Tonje Haugland) und Edwin (Frank Unger) war trotzdem sehr überzeugend in der Tiefe der dargestellten Empfindungen. Frau Haugland und Herr Unger harmonieren stimmlich, figürlich und in ihrem Spiel sehr gut miteinander.

Komtesse Anastasia (Lindsay Funchal) und Graf Boni (Johannes Pietzonka) lernen sich im 2. Akt kennen und lieben. Frau Funchal, eine wirkliche Schönheit, spielte mit Anmut und gleichzeitig der nötigen Kessheit für die Komtesse "Stasi". Herr Pietzonka ging mit großer Leidenschaft - sängerischer wie darstellerischer - an die Figur des Boni und brachte eine eigene, aber wohlüberlegte Interpretation. Sein Wille, noch viel auf der Bühne zu erreichen, ist unübersehbar. Er wird das  Mittelsächsische Theater leider in Richtung Gera/Altenburg verlassen.

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V. l. n. r. Johannes Pietzonka als Graf Boni Alois Walchshofer als Feri Bacsi vor den Kulissen in Kriebstein. Foto: René Jungnickel

Das elterliche Fürstenpaar (Susanne Engelhardt und Andreas Pannach) spielte jeder für sich ordentlich, passte jedoch nicht recht zusammen. Der Fürst, mit Franz-Joseph-Bart, war distinguiert, die Fürstin teilweise etwas überdreht. Die Figur des Feri Bacsi verkörpert die vorhergehende Generation, deren Liebe aufgrund der gesellschaftlichen Konventionen nicht gelebt werden konnte. Alois Walchshofer gestaltete diese Rolle mit viel Würde und Altersweisheit.

Ein Besuch in Kriebstein kann auch denjenigen empfohlen werden, die das Stück schon einmal gesehen haben. Die Annaberger Inszenierung von 2019 zum Beispiel war gänzlich anders aufgefasst. In Vor-Corona-Zeiten fand man noch den Platz, auch die tragischen Aspekte auszuleuchten, welche nur so tun, als ob sie lustig sind.

In Kriebstein steht die Heiterkeit und Unterhaltung im Vordergrund. In 100 corona konformen Minuten ist es der Regie (Sergio Raonic Lukovic) gelungen, alles maßgebliche unterzubringen. Auch alles Musikalische wird zumindest angerissen. Bei manchen bekannten Titeln hätte man gern eine Strophe mehr gehört.

Bei den eingestreuten Witzen hätte man sich etwas mehr Intelligenz gewünscht. In der Nachbarsitzreihe wurde denn auch etwas von Flachwitzen gemurmelt. Die professionellen Tänzer hingegen fielen wohltuend ins Auge. Um den aufziehenden Krieg zu thematisieren, traten die Tänzer teilweise in stilisierten Uniformen auf. Für ein so ernstes Thema war dies zu oberflächlich und im ansonsten betont heiter gehaltenem Abend war es ein zu ernster Anklang und Bruch.

Bei den Kostümen (Nina Reichmann) hat es gegenüber der Pressekonferenz noch kleinere Verbesserungen gegeben, sie sind nun recht passend. Das Bühnenbild (Tilo Staudte) rahmt das Geschehen ein und fügt sich gleichzeitig schön in die Landschaft. Es ist nicht überladen, gut nutzbar und trotzdem von einer gewissen Eleganz. Die Ausstattung soll auf Frida Kahlo verweisen. Wer die jedoch nicht kennt, erkennt auch die Bezüge nicht.

Einem Teil des Kriebsteiner Publikums muss man attestieren, dass es zum Lachen und Klatschen in den Keller geht. Immerhin gab es ordentlichen Schlussapplaus. Zum Ende sei noch angemerkt, dass es für fast alle Partien Doppelbesetzungen gibt. (Kennt man dieses Wort am Annaberger Theater überhaupt?) So kann man an den Abenden verschiedene Interpretationen derselben Rolle erleben.

Wer einen heiteren Aufenthalt verleben möchte, dem sei der Besuch sehr empfohlen.

https://www.mittelsaechsisches-theater.de/seebuehne-kriebstein


Eva Blaschke