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April 2019


Die verkaufte Braut in der Semperoper

In loser Folge soll hier aus der Sicht eines Erstbesuchers über auswärtige Theater, Opern und deren Aufführungen berichtet werden. Am 22.03.2019 besuchte das Annaberger Wochenblatt in der Semperoper “Die verkaufte Braut”.

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Von links nach rechts: Hrachuhí Bassénz (Marie), Sabine Brohm (Ludmila), Matthias Henneberg (Kruschina), Tijl Faveyts (Kezal), Fotos: © Semperoper Dresden / Ludwig Olah.

Die Semperoper in Dresden ist den meisten Lesern sicher ein Begriff. Hineinzukommen kann mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein. Wenn man sich spontan für einen Besuch entscheidet, sind die Vorstellungen mitunter ausverkauft. Und sollten doch noch Karten verfügbar sein, so ist der Telefonanschluss für Kartenreservierungen dauerbesetzt. Ein Ticketkauf online, per Bankkarte und zum Selbstausdrucken klappt dann aber wunderbar. Das einzige Unerfreuliche ist der Preis. Er liegt für gute Karten etwa 3- bis 4-mal so hoch wie in einem kleinem Haus. Vor Ort erweist es sich als gute Entscheidung, die Tickets schon in der Tasche zu haben. Denn die Tageskasse befindet sich nicht etwa in der Oper, sondern in der Schinkelwache gegenüber, zur Verwirrung der Touristen.

So die Vorstellung um 19.00 Uhr angesetzt ist, öffnet sich die Tür zu den geheiligten Hallen Punkt 18.00 Uhr. In der Semperoper finden mehrmals täglich Führungen (für 11€ pro Person) statt und der Zugang zum Gebäude ist dementsprechend reglementiert.  45 Minuten vor Beginn der Aufführung gibt es eine Werkseinführung im Untergeschoss. Solche Einführungen sind bei Opern, welche man zum ersten Mal sieht, immer zu empfehlen. Aber auch wenn man das Werk schon kennt, erfährt man hier neben der Handlung wissenswertes zur aktuellen Inszenierung und zur Besetzung des Stückes. Die Einführung in das Stück “Die verkaufte Braut“ war gut besucht und qualitativ ganz so, wie man es sich wünscht. Sie dauerte 30 Minuten und wurde von der Dramaturgin des Stückes, Frau Juliane Schunke, durchgeführt.

Bereits der Weg vom Foyer in den Zuschauerraum ist eine Augenweide, welche sich dann im Saal fortsetzt. Man sollte genug Muße haben, um Wände und Decken zu betrachten. Sobald dann die ersten Takte erklingen, ist man vollends gefangen. Diese Akustik! Dieses Orchester! (Staatskapelle Dresden) Bei der Ouvertüre denkt man, einer Studioaufnahme zu lauschen, so klar erklingen die einzelnen Instrumente. Der zu erwartende Unterschied gerade zu kleinen Häusern, hier wird er am meisten wahrnehmbar.

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Im Vordergrund Pavol Breslik (Hans), dahinter Tijl Faveyts als Heiratsvermittler (Kezal)

Bei den Solisten hört man deutlich, dass alle Rollen nach passender Stimme besetzt wurden. Allein dadurch ergibt sich eine enorme Qualität. Wer ausschließlich große Häuser kennt, den mag diese Bemerkung verwundern. An kleinen Theatern kann man oft nicht aus einem Pool von Stimmen auswählen. Wenn der Sänger für die Rolle passt, dann singt er sie. Und wenn er nicht so recht passt - dann singt er sie auch.

“Die verkaufte Braut” von Bedřich Smetana ist eine dreiaktige Oper, uraufgeführt 1866 in Prag. Erzählt wird die Geschichte um das Liebespaar Hans und Marie. Maries Eltern sowie der örtliche Heiratsvermittler versuchen, Marie zu einer Hochzeit mit Wenzel, dem einfältigen Sohn eines wohlhabenden Bauern, zu drängen. Der Heiratsvermittler überredet Hans, gegen Geld von seiner Braut zu lassen. Zum Entsetzen Maries stimmt Hans zu, wenn Marie dafür nur den Sohn des Bauern heiraten wird. Schließlich kommt heraus, dass Hans der verschollene, erstgeborene Sohn und Halbbruder von Wenzel ist. Und alles löst sich (zumindest vordergründig) glücklich.

Die Regisseurin hat die Handlung in die Umbruchszeit um 1990 gelegt, wohl um den weiblichen Figuren mehr Entfaltung zu ermöglichen. Am Bühnenbild und an den Kostümen ist nicht gespart worden. Sie bilden die angestrebte Zeit hervorragend ab. Insgesamt wurde glaubhaft dargestellt, dass das behandelte Problem keinesfalls ein gestriges sein muss. Die Oper wurde in deutscher Sprache aufgeführt, mit deutschen und englischen Übertiteln. Eine Kritik am Gesang wäre ein mäkeln auf hohem Niveau und unterbleibt deshalb. Und trotzdem…

Bei aller Schönheit, optischer wie klanglicher, saß ich in der Vorstellung und überlegte beinahe ratlos, was mir denn so missfiel. Es ging nicht nur mir so. Bis zum Ende des 1. Aktes rührte sich nicht eine Hand zum Szenenapplaus.

Des Rätsels Lösung: Die beiden Hauptdarsteller des Hans (Pavol Breslik) und der Marie (Hrachuhí Bassénz) standen auf der Bühne, sangen jeder für sich und sahen einander kaum an. Von Zuneigung, gar großer Liebe, welche sich gegen Widerstände durchsetzt, keine Spur. Das Virus völliger Leidenschaftslosigkeit im Spiel hatte an diesem Abend leider weite Teile der Bühne infiziert.

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Hrachuhí Bassénz (Marie) mit Benjamin Bruns (Wenzel)

In wohltuendem Kontrast dazu stand Benjamin Bruns als Wenzel. Eine Darstellung voller Energie sowie Bewegung und das bei einer stotternden Rolle. Herr Bruns überzeugte als einfältiger, aber herzensguter Mensch, der doch eigentlich nur sein kleines Glück sucht. Er bekam auch verdient den größten Schlussapplaus.

Ebenfalls sehr zu loben ist der Bass Tijl Faveyts als Heiratsvermittler Kezal. Mit schönem Gesang und Spiel versuchte er als famose Type der Aufführung Schwung zu verschaffen, was oft an den Duettpartnern scheiterte. Sehenswert waren auch Matthias Henneberg und Sabine Brohm als eindringliches Elternpaar der Marie, mit all seinen Zwängen und Zweifeln.

Fazit: Die Semperoper zu besuchen lohnt sich allein schon wegen dem Gebäude. “Die verkaufte Braut” steckt voller hörenswerter Musik und zählt zu den Werken, welche man einmal gesehen haben sollte. Falls Sie die Semperoper beehren, kümmern Sie sich auf jeden Fall vorab um Ihre Eintrittskarten. Und wenn Sie die Pause nutzen, um in den 4. Rang zu steigen, wissen Sie auch, wozu das Opernglas erfunden wurde.

Eva Blaschke

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www.semperoper.de