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Sein Credo war Liebe

Mit László Varga hatte ein berührender Jacques-Brel-Abend am Annaberger Winterstein-Theater eine viel beklatschte und mit Bravorufen gespickte Premiere.

Gleich zweimal französische Chansons in unserer Stadt am Samstagabend, dem 28. Januar 2017: Ein echter Franzose, Antoine Villoutreix aus Berlin in der Alten Brauerei, und ein echter Ungar, der Bass des Annaberger Theaters László Varga, mit seinem Jacques Brel gewidmeten Abend auf der Studiobühne.
Brel-HP1-4387 (Andere)

Wer erwartet hatte, dass er einen Sänger den ganzen Abend neben einem Klavier erleben würde, wurde positiv überrascht. Es war ein überaus gescheit inszenierter und dramaturgisch durchdachter Abend (Regie: Tamara Korber).
Im umgestalten Studio, die ca. 40 Plätze quer zur Bühne gestellt, mit ein paar Tischen für die Gläser und mit umspiegelten Wänden, was einen größere Optik suggerierte (Ausstattung: Peter Gross), saßen die Zuschauer einem kleine „Orchester“ unter der kompetenten Leitung von Uwe Hanke am Klavier-Keyboard, Ronny Wiese an diversen Saxophonen und Klarinette und Sven Lerchenberger am Schlagwerk gegenüber. Die Wand hinter der Bühne entpuppte sich nicht nur als Deko für Brel-Porträts, sondern auch als variabe Projektionsfläche für ein speziell-originelles Video (Romika Eisold, Willy Schalling, Helene Spät) zur Biographie des Chansoniers und als Hommage an einen herausragenden Sing-a-Song-Schreiber und Komponisten. Am Eingang zur ausverkauften Studiobühne wurden die Besucher mit einem Jaques-Brel-Porträt begrüßt, das eigens für diese Veranstaltung vom in Annaberg lebenden englischen Maler Glenn West angefertigt wurde.Brel-HP1-4312 (Andere)Jaques Brel - von Glenn West (Andere)

Jaques Brel, 1929 in Belgien geboren und in der Kartonagenfabrik seines Vaters arbeitende, brach aus der spießigen Enge aus und ging nach Paris, wo er 1953 debütierte. Dort waren zu seiner Zeit solche Namen wie u.a. Edith Piaf, Charles Aznavour, Maurice Chavalier, Gilbert Bécaud - die ganz große Garde dieses Genres auf den Bühnen der Welt. Zum anderen begann gerade eine neue Epoche demokratischer Bewegung. Noch in der Auseinandersetzung mit den Verquickungen der Väter im Nazionalsozialismus und Erstarrung des Bürgerlichen, brach die Jugend zu einer Selbstbefreiung auf, die in allen Lebenslagen durchaus auch über die Stränge schlug. Hippies und die freie Liebe sind Synonyme dafür in den Siebzigern. Brel gehörte zu den jungen Leuten, die das frische, freche und manchmal aggressive Lied zum Ausdruck seines Traumes machten: Die Freiheit und Liebe zum Menschsein! Sein Erfolg war mit mageren Jahren und Enttäuschungen und dann ab 1961 mit großen Erfolgen gepflastert.
Dass László Varga das Kunstlied, den Musicalsong, den Rock`n Roll und das Chanson mag, hatte sich in vielen Aufgaben am Theater und beim Publikum bereits herum gesprochen. Nun hat er sich so richtig hinein gekniet: Mit Verve begann er das Kaleidoskop Jaques Brels der zwanziger Jahre aufzublättern, wo Lebensfreude, das neue Kino und Radio die Menschen bewegte. Die „Zarte Liebe im Frühling“, ein durch mögliche Übersättigung manchmal verqueres Frauenbild, den Hass auf Spießertum , aber auch unbändige Lust auf Leben und Liebe gestaltete László Varga differenziert, zart und leise sowie auch mit Kraft und Überzeugung vielfarbig – mal in französischer, dann wieder in deutscher Sprache.
Das “Lied für Madelaine“ und “Amsterdam” gelangen mit besonderer Intensität, wie auch das über die Spießbürger („Les Bourgeois“), in dem es u.a. anderem bei Brel heißt: „Die Spießbürger sind wie Schweine, je älter sie werden, desto dümmer werden sie!“ Dazu lief ein das Chanson köstlich interpretierendes Video, das in der Annaberger Szene-Kneipe „
Papperla-Pub“ gedreht wurde und in dem der Wirt Thomas Fischer leibhaftig mit agierte.  Brel_HP2-6008 (Andere)

Zu loben ist Vargas Artikulation im Gesprochenen und im Gesang – und das in beiden Sprachen. Dann aber holte Varga eine junge Frau auf die Bühne, die er mit „Bonbons“ für sich gewinnen wollte und das Publikum köstlich mit selbstverleugnender Albernheiten amüsierte. Mit verbindenden Texten zur Biographie Brels (ebenfalls von Tamara Korber) entfalteten sich die Widersprüche einer Künstlerpersönlichkeit, die sich früh auf eine Insel zurückzog und mit nur 49 Jahren starb.

Mit dem Abschluss-Chanson „Wenn uns nur die Liebe bleibt“ ward auch Brel-Vargas Eintritt für die Menschenliebe ohne sentimentale Verflachung und durch steigernde Stimmgewalt dann der Höhepunkt des Abends, der mit Zugaben und reich bejubelt endete.
Die Musiker hatten daran einen großen künstlerischen und emotionalen Anteil: Uwe Hanke mit reichen Farben am Klavier-Keyboard und als Stichwortpartner, Ronny Wiese mit seinen sprechenden Blasinstrumenten (Sopran- und Bass-Saxophon, Klarinette) der junge Schlagzeuger Sven Lerchenberger mit zarten und schlagkräftigen Rhythmen waren László Szilárd Varga kongeniale Partner.
Der Abend war nicht nur reich an Gefühlen, sondern auch an Erkenntnissen darüber, dass sich Unterhaltung und intelligente Weltsicht keineswegs ausschließen.

Eveline Figura

Die nächste Vorstellung: 7.2., 20 Uhr